Kassenführung
- Kassenbuch oder nur Kassenbericht?
Buchführungspflicht
Jeder Buchführungspflichtige muss Bücher und Aufzeichnungen gem. §§ 140 - 148 AO, § 238 ff. HGB führen, welche gem. § 146 Abs. 1 S. 2 AO auch die tägliche Aufzeichnung der Kasseneinnahmen und -ausgaben (Kassenbuch bzw. als aneinandergereihte tägliche Kassenberichte) umfassen.Buchführungspflichtig sind gem. § 141 Abs. 1 AO Gewerbetreibende mit einem Jahresgewinn von mehr als 60.000 € oder einem Umsatz von mehr als 600.000 Euro.Einnahmen-Überschuss-Ermittler
Nicht buchführungspflichtige Steuerpflichtige, die ihren Gewinn durch eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ermitteln, sind nicht zur Kassenbuchführung verpflichtet. Erforderlich ist jedoch gem. § 22 UStG eine Einzelaufzeichnung, die gem. § 146 Abs. 5 S. 1 AO in der geordneten, vollständigen und chronologischen Ablage von Belegen bestehen kann. Führen diese Unternehmen (sog. Einnahmen-Überschuss-Ermittler) allerdings auf freiwilliger Basis ein Kassenbuch, so muss auch dieses in vollem Umfang den gesetzlichen Anforderungen genügen.Hinweis: Führen diese Unternehmen allerdings auf freiwilliger Basis ein Kassenbuch, so muss dieses in vollem Umfang den gesetzlichen Anforderungen genügen.Bei der Aufzeichnung von Bargeschäften können Sie sich als Unternehmer frei entscheiden, ob Sie dies manuell mithilfe einer offenen Ladenkasse, mit einer elektronischen Registrierkasse, einem PC-Kassensystem oder mit einer Cloud-basierten App-Lösung erfassen möchte.Verwerfung der Buchführung
Wenn formelle oder sachliche Mängel vorliegen, die so wesentlich sind, dass von ordnungsmäßiger Buchführung nicht mehr gesprochen werden kann, darf die Finanzverwaltung die Buchführung verwerfen, d. h. ihre Anerkennung versagen. Ob ein derart schwerwiegender Mangel tatsächlich gegeben ist, beurteilt sich danach, ob trotz des Mangels die Nachprüfung der Bilanz innerhalb einer angemessenen Frist möglich ist. Das Vorliegen formeller Mängel in der Kassenführung reicht hierzu i. d. R. nicht aus, dennoch geben diese einem Betriebsprüfer Anlass für weitergehende Prüfungen, um die Beweiskraft der Buchführung zu erschüttern.Hinzuschätzungen, Sicherheitszuschläge
Liegt jedoch ein materieller Mangel vor - (beispielsweise unvollständiges Verbuchen von Einnahmen) - besteht grundsätzlich die Möglichkeit, die Ordnungsmäßigkeit der Kasse zu verwerfen. Dies eröffnet den Weg zu Sicherheitszuschlägen und Hinzuschätzungen (ggf. Vollschätzung) nach § 162 AO. - Die unterschiedlichen Kassentypen
Freie Kassenwahl!
Die gesetzlichen Bestimmungen sehen keine Festlegungen hinsichtlich eines bestimmten Kassentyps vor. Der Steuerpflichtige kann sich frei entscheiden, ob er eine offene Ladenkasse, eine elektronische Registrierkasse, ein PC-Kassensystemoder eine Cloud-basierte App-Lösung verwenden möchte. Wichtig ist, dass alle Einnahmen und Ausgaben vollständig und möglichst detailliert aufgezeichnet werden.Offene Ladenkasse
Wichtig: Täglicher Kassenbericht!Die offene Ladenkasse wird ohne technische Unterstützung geführt und deshalb auch "Schubladenkasse“ genannt. Diese ist häufig bei Kleinstbetrieben oder Marktbeschickern anzutreffen.Da durch die Nichterfassung von Einnahmen ein besonderes Betrugsrisiko gegeben ist, sollten die Nutzer besonderes Augenmerk auf einen fortlaufend nummerierten, täglichen Kassenbericht legen. Dabei müssen die Tageseinnahmen durch Rückrechnung (retrograd) aus dem gezählten Kassenbestand richtig und nachvollziehbar ermittelt werden können (Kassensturzfähigkeit). Es empfiehlt sich überdies, die Unterzeichnung mit Datum und Uhrzeit (nach Geschäftsschluss!) vorzunehmen.Wird der Kassenbericht mit Standardsoftware in elektronischer Form erstellt (z.B. Word/Excel), genügt eine ausschließlich elektronische Archivierung nicht, da nachträgliche Änderungen nicht verhindert werden können. Das so ermittelte Tagesergebnis sollte in einem Kassenbuch vermerkt werden.Für jede Kasse ist ein eigener Kassenbericht zu erstellen.Beispiel eines KassenberichtesTagesendbestand (Endbestand zum Geschäftsschluss) - Anfangsbestand (Kassenbestand am Ende des Vortages) = Zwischensumme (Saldo aus Tageseinnahmen und Tagesausgaben)Zwischensumme (Saldo aus Tageseinnahmen und Tagesausgaben; siehe oben) + Kassenausgaben des Tages + Geldtransit auf das betriebliche Konto oder weitere Kassen + Privatentnahmen - Privateinlagen - Sonstige Tageseinnahmen = Summe der KasseneinnahmenSinnvoll, aber nicht zwingend erforderlich, ist die tägliche Anfertigung eines „Zählprotokolles“. Dieses kann als Nachweis für die vollständige Erfassung der Barzahlungen dienen. Dazu wird die Anzahl der vorhandenen Zahlungseinheiten (Ein-Cent-Stücke - . . . - 500-Euro-Scheine) erfasst, dokumentiert und aufbewahrt.Hinweis: Die gleichzeitige Nutzung einer offenen Ladenkasse und einer elektronischen Registrierkasse ist nicht erlaubt, es sei denn, es handelt sich um räumlich abgrenzbare Bereiche, wie z.B. Ladengeschäft mit Registrierkasse und Marktstand mit offener Ladenkasse.Bei Bareinnahmen gilt grundsätzlich die Einzelaufzeichnungspflicht. Da sich diese jedoch "im Rahmen des Zumutbaren“ bewegen muss, kann hierauf ggf. im kleinen Einzelhandel verzichtet werden.Elektronische Registrierkassen und PC-Kassen- bzw. App-Kassensysteme (Cloud)
Hinsichtlich elektronischer Registrierkassen hat das Bundesministerium der Finanzen die besonderen Anforderungen und Aufbewahrungsmodalitäten bereits 2010 in einem BMF-Schreiben (Kassenrichtlinie) festgelegt – siehe “Weitere Informationen”.Seit dem 1. Januar 2017 dürfen nur noch elektronische Registrierkassen verwendet werden, die eine vollständige Speicherung der steuerlich relevanten Daten ermöglichen. Darunter fallen Angaben zu Verkaufspreis, Zahlungssumme, Artikel, Nutzerkennungen, aber auch Stammdatenänderungen, wie z.B. Artikelpreisänderungen. Eine ausschließlich verdichtete Speicherung der Einzeldaten ist nicht erlaubt.Ist die komplette Speicherung der Daten nicht innerhalb der elektronischen Kasse möglich, müssen diese Daten unveränderbar und für den Betriebsprüfer maschinell auswertbar auf einem externen Datenträger gespeichert werden.Die Aufbewahrungsdauer beträgt grundsätzlich 10 Jahre, wobei eine Verlängerung insbesondere durch eine Betriebsprüfung eintreten kann. Die Aufbewahrung gilt auch für die jeweiligen Programmierungsunterlagen und Protokolle von Programmänderungen.Diese Unterlagen (i. S. des § 147 Abs. 1 AO) sind jederzeit verfügbar, unverzüglich lesbar und maschinell auswertbar aufzubewahren, sofern sie mithilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden sind. Dieses betrifft neben Registrierkassen auch Waagen mit Registrierkassenfunktion, Taxameter und Wegstreckenzähler. - Aufbewahrung und Aufzeichnung
10 Jahre Aufbewahrungsfrist
Die Aufbewahrungsdauer beträgt regelmäßig 10 Jahre, wobei eine Verlängerung insbesondere durch eine Betriebsprüfung eintreten kann. Grundsätzlich sind alle steuerlich relevanten Einzeldaten einschließlich der elektronisch erzeugten Rechnungen i. S. von § 14 UStG unveränderbar und vollständig aufzubewahren.Daten maschinell auswertbar vorhalten
Unterlagen (i. S. des § 147 Abs. 1 AO) sind jederzeit verfügbar, unverzüglich lesbar und maschinell auswertbar aufzubewahren, sofern sie mithilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden sind. Dieses betrifft neben Registrierkassen auch Waagen mit Registrierkassenfunktion, Taxameter und Wegstreckenzähler.Details der Einzelaufzeichnungspflicht
Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) und im Speziellen die GoBD (Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff) erfordern die Aufzeichnung jedes einzelnen Geschäftsvorfalles (z. B. Verkauf, Entnahme etc.). Dies muss so erfolgen, dass ein sachverständiger Dritter, hier: die Finanzverwaltung, alle Geschäftsvorfälle lückenlos nachvollziehen und überprüfen kann.Dabei ist es irrelevant, ob Sie bilanzierender Unternehmer oder „Einnahmen-Überschuss-Ermittler“ (§ 4 Abs. 3 EStG) sind.Konkret bedeutet dieses, dass nicht nur die Gegenleistung, d.h. der vereinnahmte Geldbetrag, sondern auch der Inhalt der erbrachten Leistung und der Name des Kunden (Identität des Vertragspartners) aufgezeichnet und mit einem fortlaufend nummerierten Beleg (ggf. Eigenbeleg) versehen wird. All diese steuerlich relevanten Einzeldaten einschließlich elektronisch erzeugter Rechnungen (§ 14 UStG) sind unveränderbar und vollständig aufzubewahren (§ 146 Abs. 1 S. 1 AO / Anwendungserlass zu § 146 AO, § 22 UStG, Tz. 3.2.1 GoB).Grundsätzlich ist die Benennung des Kunden erforderlich. Darauf kann jedoch verzichtet werden, wenn dieses für die Nachvollziehbarkeit nicht erforderlich ist. Bei Barzahlungen über 10.000 Euro ist jedoch die Identität des Kunden auf jeden Fall festzuhalten (§ 2 Nr. 16, § 10 Abs. 6 Geldwäschegesetz).Einzelaufzeichnungspflicht bedeutet, dass jeder einzelne Verkaufsvorgang bzw. Dienstleistung dokumentiert wird, wenn Warenverkäufe mit Hilfe einer elektronischen Registrierkasse oder eines PC-Kassensystems erfasst werden. Eine Verdichtung der einzelnen Vorgänge z.B. in eine Tagessumme (Z-Bon) wird von der Finanzverwaltung bei Prüfungen nicht akzeptiert.Für jeden Verkaufsvorgang müssen dabei verschiedene Angaben aufgezeichnet werden. Dazu gehören:- Datum und Uhrzeit,
- Bediener/Verkäufer,
- genaue Artikelbezeichnung,
- Einzelverkaufspreis,
- verkaufte Menge bzw. Anzahl,
- Gesamtpreis,
- Umsatzsteuersatz und -betrag
(Wahlrecht bis EUR 250,-: Gesamtpreis und Steuersatz), - Zahlungsart.
Sofern Sie jeden einzelnen Verkaufsartikel in Ihrem Warenwirtschafts- und Kassensystem erfasst haben, können Sie diesen unproblematisch per Scan in der Kasse erfassen. Das Erfordernis der Einzelaufzeichnung gestaltet sich jedoch dann problematisch, wenn im Unternehmen eine Vielzahl an unterschiedlichsten Artikeln vorhanden sind, wie z. B. bei Schreibwarengeschäften mit einem besonders kleinteiligen Warenportfolio, die nicht einzeln erfasst werden können. Hier erlaubt das Gesetz, dass der Art nach gleiche Waren mit demselben Einzelverkaufspreis in einer Warengruppe zusammengefasst werden können, sofern, wenn die verkaufte Artikelanzahl ersichtlich bleibt.Konkret bedeutet dieses, dass bei der Aufzeichnung in der Kasse verschiedene Warengruppen mit gleichem Verkaufspreis programmiert werden können. Die Detailtiefe der Warengruppen sollte dabei jedoch ausreichend sein und Allgemeinfloskeln („Schreibwaren 1,49 Euro“) vermeiden. Je konkreter die Warengruppe beschrieben wird, desto besser! Bitte beachten Sie: was bei einem Kiosk u. U. zulässig wäre („Spirituosen 5,80 Euro“) wäre bei einem Weinhändler nicht möglich (§ 146 Abs. 1 S. 2 AO / Tz. 2.1.3 des AEAO zu § 146 AO).Zu beachten ist jedoch, dass für gewisse Branchen weitergehende Aufzeichnungsbestimmungen bestehen (u. a. Meldepflicht im Hotelgewerbe, Schichtzettel im Taxigewerbe; namentliches Bekanntsein der Kunden z.B. bei Bauhandwerkern, Kfz-Werkstätten).Umgang mit Storno
Da die Erfassung von tatsächlichen Geschäftsvorfällen vollständig erfolgen muss, sind Buchungsabbrüche nicht zulässig. Außerdem müssen alle Umsätze von Trainingsbedienern (Stichwort: Trainee-Taste) auf dem Tagesendsummen-Bon ausgewiesen werden. Gleiches gilt für die vollständige Nachvollziehbarkeit von Storno-Buchungen.Erfassung von EC- bzw. Kreditkartenzahlungen
Unbare Zahlungen, z.B. EC-Karten oder Kreditkartenzahlungen, stellen keine Bargeldbewegungen dar und dürfen grundsätzlich nicht im Kassenbuch/ Kassenbericht erfasst werden. In der Praxis wird jedoch oftmals der tägliche Gesamtbetrag inklusive der bargeldlosen Geschäftsvorfälle als Einnahme im Kassenbuch aufgezeichnet. Auf Initiative des DIHK und anderer Verbände hin hat daraufhin das Bundesfinanzministerium erklärt, dass dieser „formelle Mangel“ regelmäßig bei einer Betriebsprüfung außer Acht gelassen werden soll. Voraussetzung ist, dass die Erfassung der Umsätze im Kassenbuch und die anschließende Verbuchung in der Finanzbuchhaltung durch entsprechende Kennzeichnungen nachvollziehbar und nachprüfbar sind – Schreiben des BMF an den DIHK, HDE und ZDH vom 29.6.2018 (Aktenzeichen - IV A 4 - S 0316/13/10003-09)Hinweis: Der Unternehmer muss den Zahlungsweg ausreichend dokumentieren und die jederzeitige Nachprüfbarkeit des tatsächlichen Kassenbestandes sicherstellen.Unveränderbarkeit
Für Buchungen gilt der Grundsatz der Unveränderbarkeit, d. h. zwischenzeitlich erfolgte Änderungen müssen protokolliert werden und der ursprüngliche Inhalt muss erkennbar bleiben. Dieses gilt u. U. auch für Änderungen in Vorsystemen (Warenwirtschaft etc.) und im Stammdatensystem.Verfahrensdokumentation
Vorzuhalten ist auch eine Verfahrensdokumentation, die neben einer allgemeinen Beschreibung der eingesetzten Kasse (Bedienungs- und Programmieranleitungen) auch eine technische Systemdokumentation sowie eine Dokumentation über Betriebszeiten und Anwender (Nutzungsprotokolle, Datenänderungen etc.) enthält.Was tun bei einem Systemausfall?
Bei Ausfall des Kassensystems z.B. durch Stromausfall oder wegen eines technischen Defektes, müssen die erforderlichen Aufzeichnungen auf Papier fortgeführt werden. Zugleich ist die Ausfallzeit festzuhalten und z.B. durch Reparaturrechnungen zu belegen.